Ist eine Kalorie eine Kalorie? Macht es einen Unterschied, ob man nun 100kcal aus Kohlenhydraten, Fette oder Proteine aufnimmt? Eigentlich ja nicht, oder? Die Praxis zeigt hier etwas anderes! Denn in einer aktuellen Studie konnte gezeigt werden, dass es Probanden im Schnitt 600-800kcal über ihren Bedarf hinaus essen konnten, ohne dabei an Fett zuzunehmen. Doch wie ist das möglich?
Eine Studie zum Protein Overfeeding
Dr. Jose Antonio, CEO des Journals der International Society of Sports Nutrition, hat eine Studie aufgestellt, bei der krafttrainingserfahrene Männer über einen Zeitraum von 8 Wochen, gezielt mit
Protein „überfüttert“ wurden. Die Teilnehmer verfolgten entweder ihre normale Diät, die im Schnitt 2,2g
Protein pro Kilogramm Körpergewicht enthielt (Kontrollgruppe) oder sie verfolgten ihre normale
Diät und verdoppelten den Proteinanteil (Interventionsgruppe). Das entsprach dann einer Proteinzufuhr von 4,4g pro Kilogramm Körpergewicht und es wurden im Schnitt zwischen 600-800kcal ZUSÄTZLICH aufgenommen, was bedeutete, dass diese Sportler plötzlich mit 600-800kcal im Kalorienüberschuss landeten. Das zusätzlich
Protein wurde in Form von Whey-Protein-Shakes zugeführt. Ziel der Studie war es, zu beobachten, wie sich die Körperzusammensetzung durch die hohen Proteinmengen und das durch das
Protein Overfeeding hervorgerufene Kalorienplus auf die Körperzusammensetzung auswirkt.
Was ist passiert?
Das Ergebnis dieser Studie war recht simpel: Es passierte nichts. Das klingt nun auf den ersten Blick natürlich maximal langweilig. Aber das ist eine dieser Studien, bei denen „nichts“ hochinteressant ist. Denn obwohl die Probanden im Kalorienüberschuss unterwegs waren, veränderte sich weder Gewicht, noch Körperfettanteil und auch die fettfreie Körpermasse blieb weitestgehend konstant. Es ergab sich ein leichter, nicht signifikanter Trend zu einer leichten Erhöhung der Muskelmasse. Allerdings wird bei dieser Studie nicht klar, ob dies aufgrund des höheren Proteinanteils oder der gesteigerten Proteinzufuhr zurückzuführen ist.
Ein Ansatz der Erklärung
Eine mögliche Erklärung wäre nun, dass Proteine ein sehr hohe thermogene Wirkung besitzen. Das bedeutet, bei der Verstoffwechselung von Proteinen wird viel Energie in Form von Wärme vom Körper abgegeben. Bis zu 30% für Whey-Proteine, die ja hier im Experiment auch verwendet wurden. Das bedeutet, dass von den 600-800 zusätzlichen Kilokalorien rund 200-250kcal bereits über die Verstoffwechselung der Proteine verloren gingen.
Aus weiteren Overfeeding Studien aus der Vergangenheit mit Kohlenhydraten oder Fetten ging bereits hervor, dass ein Overfeeding zu einer Steigerung der Non-Exercise-Activity-Thermogenesis (NEAT) führt. Das bedeutet, durch das Mehr an Kalorien, kommt es zu einer Zunahme der körperlichen Alltagsaktivität. Dadurch versucht der Körper das Zuviel an Energie zu kompensieren. Umgekehrt kennt man das ja auch von einer Diät. Reduziert man die Kalorien sehr stark, wird man eher inaktiver und träge. Ein Energiesparprogramm des Körpers.
Die Steigerung des NEAT kann bis zu 350kcal pro Tag ausmachen. Addiert man nun die 350kcal der NEAT mit den 250kcal der „Protein-Thermogenese“, kommt man bereits auf 600kcal, die zusätzlich verbrannt wurden und damit liegt man in etwa im Bereich des 600-800kcal „Überschusses“, der hier praktisch relativiert wurde.
Was können wir daraus lernen?
Als praktische Empfehlung kann hier abgeleitet werden, dass kein Sportler eine derart hohe Proteinzufuhr von 4,4g pro Kilogramm Körpergewicht benötigt und es in einer Aufbauphase keinen Sinn macht, einfach nur die Kalorien über Proteine zu steigern. Während einer
Diät ist es hingegen wohl sinnvoller, hin und wieder zu viel
Protein zu essen. Zumindest um beispielsweise ein Binge-Eating zu verhindern. Also lieber einmal mit zu viel
Protein „schummeln“ als mit Kohlenhydraten oder Fette, denn das bewirkt zumindest keinen Diätrückschritt und möglicherweise kann man sich dann schneller wieder besser kontrollieren, um die eigentliche
Diät konsequent zu verfolgen.
Kommentare (0)